Im leichten Nieselregen verlassen wir den Campingplatz in Vimmerviken und fahren nach Årjang – richtig, der Ort, in dem ich am Vortag Geld abheben war. Hier kaufen wir noch ein paar Kleinigkeiten ein und schauen in einem Hundegeschäft vorbei, um die zuhause vergessene Haarbürste von Chima neu zu erstehen. Die Wolle im Fell muss nach einigen Bädern in den Seen mal wieder ausgedünnt werden. Im Laden finden wir schließlich noch eine Schwimmweste für den Guten, wer weiß, ob wir ihn nicht doch mal an Bord hieven müssen. Wir kommen mit der Verkäuferin ins Gespräch und verplappern uns über das Midsommer-Fest und das örtliche Pferderennen, welches zeitgleich am Wochenende stattfindet. Am Auto probieren wir die Schwimmweste an – passt leider nicht, wie alle Westen, Chimas Brustkorb ist etwas zu stark ausgeprägt. Leider hat das Geschäft gefühlt eine Sekunde nach uns geschlossen, der angebotene Umtausch bleibt uns damit verwehrt. Schade, aber lässt sich reparieren.
So verlassen wir Årjang wieder, es regnet inzwischen stärker, und düsen Richtung Norwegen. Kurz vor der Grenze nutzen wir noch das Wifi im McDonalds, bringen uns auf den neuesten Stand und suchen uns den nächsten Campingplatz. Den mitgenommenen Grappa füllen wir in eine Plastikflasche um. Bestimmt ein toller Trick, denken wir. Und lachen herrlich im Bulli, wohl wissend, dass dieses „Versteck“ mehr schlecht als Recht ist. An der Grenze angekommen werden wir vom Grenzbeamten kurz ausgefragt wo es hingeht, wie lange wir bleiben etc…. „Weiterfahren bitte“. Na dann hätten wir ja noch drei Paletten Bier oder Wein mitnehmen können. Im Regen und bei 9°C geht es eine Zeit lang über die Autobahn, bis wir rechts Richtung Lilleström abbiegen. Eine Alternativroute entlang eines Sees, weil wir die beiden Campingplätze bei Oslo nicht ansteuern wollen und somit vorher unsere Zelte auf einem Campingplatz an einem Bauernhof aufschlagen. Recht günstig, ordentliche Sanitäranlage, kräftiger Regen. Wir machen es uns im Bus gemütlich und hoffen auf besseres Wetter am Folgetag, beim Besuch in Oslo.
Etwas später als geplant starten wir vom Olberg Campingplatz, die Anmeldung für das Mautsystem AutoPass musste nach mehreren Tagen ohne Internet nachgeholt werden. Langsam geht es über die kurvigen Straßen Richtung Oslo nach Norden. Es ist grau draußen, aber wärmer als am kalten Vortag. Auch hier sagen sie uns, dass es der kälteste Sommer seit langem ist. Mal sehen was daraus wird. In Oslo angekommen fahren wir durch die Stadt auf der Suche nach dem im Reiseführer beschriebenen Parkplatz. Und werden fündig, direkt hinter der Nationalgalerie. Fünf Euro die Stunde, geht ja noch. Wir schauen uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt an, genießen einen Bagel für 12,50 Euro pro Person und merken schnell, dass hier alles ziemlich teuer ist im Vergleich zu Schweden und dem Rest von Europa (die Schweiz mal ausgenommen). Das Wetter meint es gut mit uns, es ist relativ warm, die Sonne kommt ab und zu durch. Wir schlendern an die Oper und fragen uns, wer die Platten hier verlegt hat. Ist das Kunst, oder kann das weg. Das Gebäude an sich ist super, macht was her und steht schön am Ende des Oslofjords direkt in der Stadt. Aber beim Besuch rund um das Gebäude stolpert man immer wieder über die Kanten der weißen Platten, alles Absicht, nur leider nicht praktisch.
Wir laufen zurück Richtung Parkplatz, die Parkuhr tickt. Leider etwas schneller als uns lieb ist. Mit fünf Minuten Verspätung kommen wir am Fahrzeug an und sehen den Kontrolleur noch, wie er gerade alles notiert. Kein Hoch auf die neuen Technologien – er würde gerne stornieren, kann aber nicht, weil es schon im digitalen System ist. Ich weiß nicht, wie viel Pech man haben muss, dass genau in diesem sehr kleinen Zeitabschnitt ein Kontrolleur kommt, aber die Stimmung ist erst mal am Boden. Oslo is a bitch. Hello Norway, takk for nothing. Unser Fehler, schon klar. Trotzdem Mist. Ein Strafzettel in Oslo macht 7 Bagel, 2,5 Campinglatzübernachtungen, eine Tankfüllung… oder eben 82 Euro. Möööööp.
Abfahrt bei Sonnenschein Richtung Bogstad unterhalb des Holmenkollen. Wir schauen, ob wir hier nicht doch nächtigen. Der Strom soll in der Nacht abgestellt werden, keine gute Idee bei gekühlten Sachen in der Kühlbox. Wir fahren weiter und nehmen den Abstecher über den Holmenkollen hoch über der Stadt noch mit. Ein Sportzentrum, bekannt durch die Skisprungschanze und das Biathlon- und Langlaufzentrum. Hier treffen wir auf Langläufer auf Inline-Skates, viele sporttreibende Norweger, die die Treppen des Stadions nutzen, um ihre Oberschenkel zu quälen. Und auf einen Wohnmobilisten aus Calw, der vor unseren Augen auf dem Parkplatz seine viel zu fette Katze in den Arm nimmt und in die Luft wirft. Die Freakshow kann beginnen.
Der Ausblick vom Holmenkollen auf den Oslofjord lässt den Frust über das Parkticket etwas sinken, wir nehmen die letzten Sonnenstrahlen mit und fahren dann stadtauswärts Richtung Utvika Strand, unser Ziel 40min nördlich von Oslo. Kurz vor Zielankunft (300m) sehen wir ein Schild für die Abzweigung zum Fähranleger nach Utoya. Utoya? Da war doch irgendwas. Nach kurzem graben im Hinterstübchen fällt es uns ein. Hier war 2011 der Anschlag von Anders Breivik auf eine Schulklasse, die sich auf der Insel aufgehalten hat. Die dunklen Wolken am Himmel machen jetzt eine komische Stimmung. Im vollen Regen biegen wir auf den Campingplatz ein, suchen uns einen Stellplatz und kochen am späten Abend noch was, damit die Bäuche wieder gefüllt sind. Dann geht ein langer und anstrengender Tag mit vielen Erlebnissen zu Ende. Mal sehen, was Norwegen sonst noch für uns bereit hält.
Campingplätze:
1. Olberg Camping, Trogstad (225 NOK inkl. Strom/Dusche 10 NOK)
2. Utvika Strand Camping, Krokkleiva (250 NOK inkl. Strom/Dusche 10 NOK)
Ein Gedanke zu “Gemischte Gefühle in Norwegen”