Den Morgen in Utvika nutzen wir zum ausgiebigen Frühstücken und zum Blogschreiben. Da die Dauercamper hier anscheinend noch keine Saison haben, sind wir in unserem Teil des Platzes ganz alleine. Auch die Camping- und Reiseführer werden studiert um den nächsten Angriffspunkt festzulegen. Der alternative Reiseführer NORWEGEN Süd/Mitte vom Velbinger Verlag hat uns schon einige gute Tipps beschert (Danke an Holgers Familie für die Leihgabe!) und so lassen wir uns auch jetzt wieder von ihm leiten. Der Preikestolen ist einer der wenigen Punkte auf unserer To-Do-Liste nach der wir die Reise grob gestalten. Die Autoren beschreiben zwei Routen auf dem Weg zum eckigen Fels, der jährlich etwa 110.000 Besucher anzieht.
Wir wählen den Weg durch die Telemark, die landschaftlich abwechslungsreicher ist als der Weg entlang der Küste. Als wir durch den kleinen Ort Kviteseid fahren sehen wir gefüllte Straßen, die zum Dorffest mit Bühne direkt am Wasser führen. Da wir keine Lust auf Weiterfahren haben, beschließen wir die Nacht hier zu bleiben. Den Waffelverkäufer fragen wir nach einem Stellplatz und er erklärt uns den Weg zu einer großen Wiese halb um den See herum. Da heute, am 19.06., Midsommar in Schweden ist, wird nicht nur im Ort sondern auch hier auf dem Campingplatz ein bisschen gefeiert. Mit Lampions, reichlich Essen und Alkohol. Die Kinder dürfen bis spät in die Nacht spielen und über den Platz toben.
Nach einem erneuten Abstecher beim Waffelstand gibt es noch ein Kinder-Radrennen, das wir aus erster Reihe mit ansehen. Wir setzen unseren Weg fort und sind nur knapp eine Stunde später in Fyresdal. Der ADAC- Reiseführer beschreibt hier einen idyllischen Campingplatz unter deutscher Leitung. Na gut, können wir ja mal ausprobieren. Und wir werden belohnt! Es ist wohl mit Abstand der schönste Platz den wir bei unserer bald dreiwöchigen Reise besuchen. Als wir den steilen Steinweg hinunter fahren, kommt uns strahlend und wild winkend eine ältere Dame entgegen, die durchs halb geöffnete Autofenster schreit sie habe auch einen VW-Bus und wir sollen ihren anschauen, sie stehe direkt am Seeufer. Also fahren wir auf die ansonsten leere Wiese und parken direkt neben einem kleinen Wasserfall, an der Stelle wo der Bach in den See fließt. Nach dieser überschwänglichen Begrüßung, umgeben von Bäumen, mit dem Rauschen des Baches im Hintergrund fühlen wir uns sofort wohl.
Das geht anscheinend nicht nur uns so. Der schönste Fleck am See ist eben bestuhlt worden. Am Nachmittag findet eine Hochzeit in kleiner Gesellschaft statt, zu der auch unsere Bulli-Sympathisantin eingeladen ist. Ihre Freundin und sie werfen sich in traditionelle Kleider und erzählen mir aus dem Leben der Eheleute. Als die Braut kurze Zeit später Richtung See schreitet herrscht eine feierliche und naturverbundene Stimmung. Der Hochzeitszug geht begleitet von Geigenmusik den Weg hinauf zum Stallkafé. Ein komplett renoviertes Gebäude mit Kamin und gemütlicher Holzeinrichtung, in dem früher die Tiere gehaust haben. Wir gratulieren den Eheleuten – Sie ist Deutsche, er Norweger – und lassen den Abend mit atemberaubendem Sonnenuntergang ausklingen. Keine Frage, hier bleiben wir noch eine Nacht.
Am nächsten Morgen machen sich die Hochzeitsgäste wieder auf die Heimreise, bis auf ein junges Paar, das mit dem Kater seines Lebens mitten auf der Wiese liegt und sich von der Sonne braten lässt. Dierk, der Campingplatzbesitzer schlägt uns eine Wanderung den Berg hinauf vor, von wo man einen schönen Blick über den See hat. Am Abend sammelt Philipp Holz und wir halten in alter Jungschar-Manier Stockbrot über dem Feuer, Grillen Mais und essen eine Riesenschüssel voll Nudelsalat.
Der dritte Morgen auf dem Lieblingsplatz bricht an, wir würden gerne noch hier bleiben, möchten andererseits aber auch weiterfahren. Brigitte und Dierk sind vor 25 Jahren aus Munster (bei Soltau) hierher gezogen und haben drei Jahre gesucht, bis sie dieses wundervolle Stück Erde gefunden haben, auf dem sie ihr Wohnhaus, das Stallkafé und die Miethütten gestaltet haben. Sie sind begeistert von unserer Reise und dem Wagnis die Jobs zu kündigen, bzw. zu unterbrechen um unterwegs glücklich zu sein. Wir quatschen und quatschen, bekommen tolle Tipps zur Weiterfahrt und Reisekarten geschenkt. Brigitte schwärmt von der Fährfahrt über den Lysefjord bis zum Preikestolen. Die Autofahrt sei ziemlich anstrengend, da die Straßen supereng seien, die Plackerei lohne sich aber. Die Landschaft auf dem Weg dorthin sei wie in norwegischen Mythen. Man könne beinahe die Trolle aus dem Nebel zwischen den Felsen hüpfen sehen. Klingt gut. Wird gemacht. Ich bin dran mit fahren. (Wenn die wüsste, was da auf sie zukommt…)
Campingplätze:
1. Syftestad Kanalcamping, Kviteseid (200 NOK inkl. Strom/Dusche)
2. Fossumsanden Camping, Fyresdal (245 NOK inkl. Strom/Dusche 10 NOK)