Es steht kurz bevor, ist unausweichlich und wird uns immer bewusster: die Reise geht langsam aber sicher zu Ende. Die Vorfreude, die wir im April und Mai noch hatten, ist noch spürbar und doch so weit weg. Dazwischen liegen unglaubliche Erfahrungen mit der Natur, den Menschen Skandinaviens und uns beiden. Ein Gemälde, wie wir uns es nicht besser hätten malen können. Lohnenswert, bereichernd und entspannend zugleich. Wir freuen uns nach drei Monaten Bulli auch wieder auf zu Hause, ein festes Bett mit ordentlicher Matratze, ein WC, was nicht 50m vom Bus entfernt in der Dunkelheit steht. Und doch hat uns auf der Reise nichts gefehlt. Wir beide, Chima, der Bulli und die Natur. Es hätte nicht besser passen können.
Leicht wehmütig und mit der Vorfreude auf das letzte Highlight in Hamburg verlassen wir das am Vorabend erreichte Køge und wollen am Abend die Insel Sjaelland komplett gequert haben, um die letzten Tagesetappen Richtung Hamburg entspannt angehen zu können. Der Wind bläst stark an diesem Tag und zerrt am Bulli, den Uli heute zielsicher steuert. Am Mittag überqueren wir den Storebælt auf einer 18km langen Brücke. Am anderen Ende sind wir in Westdänemark angekommen, im Städtchen Nyborg. Hier entscheiden wir uns, noch circa 10 Kilometer nach Süden zu fahren und in Tarup am Strand einen Campingplatz anzusteuern, der einen wunderbaren Blick auf den Storebælt und die Brücke bietet. Am Mittag entspannen wir unter dem Mirabellenbaum an unserem Stellplatz und lesen in unseren Büchern in der Sonne. Das Blättern in den Campingguides bewegt uns schließlich dazu, am kommenden Tag bereits den kompletten Weg von hier nach Flensburg zu fahren. Wir wollen nicht noch zwei Nächte auf von Dauercampern geprägten Plätzen verbringen, die komplett zugestellt sind.
Am darauffolgenden Morgen steht dann noch eine größere Veränderung an. Uli lässt sich die Haare für die Hochzeit nochmals nachschneiden und meine über drei Monate angesammelte Wolle auf dem Kopf kommt auch endlich wieder ab. In einem kleinen Salon in Nyborg lassen wir uns von zwei türkischstämmigen Dänen die Haare frisieren, was auch ohne Englischkenntnisse wunderbar funktioniert.
Frisch geschoren bläst der Wind gleich anders um den Kopf, bei den sommerlichen Temperaturen wunderbar angenehm.
Nach dreineinhalb Stunden Fahrt ist es dann soweit. Wir erreichen die deutsch-dänische Grenze und sind nach über 80 Tagen wieder zurück in heimischen Gefilden. Ein schönes Gefühl. Was uns dabei gleich auffällt: in der Grenzregion bei Flensburg ist der Verkehr gleich wesentlich stressiger und aggressiver als in Skandinavien, aber auch daran gewöhnen wir uns schnell. Im Sommerwind brausen wir an die Flensburger Förde, um dort einen geeigneten Platz zum Übernachten zu finden. Was gar nicht so einfach ist, wenn alle Bundesländer gleichzeitig Urlaub haben (außer NRW). Am ersten Platz erwarten uns Pommesbuden, scharenweise weiße Caravan-Kisten dicht an dicht gedrängt und Bierbäuche in weißen Unterhemden. Wir waren zwar nie da, auf der Schinkenstraße auf Malle könnte es aber ähnlich aussehen, die weißen Caravans durch Hotels ersetzt. Wir fahren weiter und steuern ins Landesinnere in der Hoffnung, einen Bauernhof oder ruhigeren Campingplatz zu finden, wo wir diese Nacht stehen können. Da wir nun ja wieder uneingeschränkt das mobile Internet nutzen können, finden wir einen Naturcampingplatz, der sich ganz gut anhört. Bei der Ankunft ist die Rezeption dann schon geschlossen, aber wir haben uns vorher angemeldet. Die Dame raunzt Uli im rauen, nordischen Ton an die Anmeldung schon einmal allein auszufüllen, schließlich „esse die Familie gerade zu Abend“. Gute 15 Minuten später ist die Anmeldung auch endlich durch. Den Strom dürfen wir uns ebenfalls nicht selbst zapfen, hier herrscht deutsche Gründlichkeit. Nach der langen Fahrt regen wir uns darüber aber nicht mehr auf. Vielmehr sind wir auch froh, bald wieder eine feste Matratze zu haben, keine langen Wege mehr zu den Toiletten zurücklegen und für die Dusche Wertmarken, Münzen und elektronische Karten mitnehmen zu müssen.
Über die Stellplatz App finden wir dann für die vorletzte Übernachtung vor Hamburg einen alten Bauernhof, hinter dem fest ausgewiesene Stellplätze liegen. Familie Sievers ist super nett, hilft uns bei allen möglichen Fragen und bringt uns am nächsten Morgen sogar noch Brötchen vorbei, einfach schön. Und als Nachbarn haben wir zwei Montagearbeiter, die in der Region Windräder aufstellen und sich ebenfalls über eine nette Unterhaltung am Abend freuen. Ein Glückstreffer, der uns nur 10 Euro kosten, Strom und Dusche bereits inkludiert.
Einen Tag vor der Hochzeit stranden wir direkt an der Elbe in Kollmar, 50 Kilometer nordwestlich von Hamburg. Der Platz liegt direkt hinter dem Elbdeich, auf dem viele Schafe grasen. Zur Ankunftszeit ist Mittagsruhe, der Platzwart Horst gibt uns das auch gerne nochmals auf seine friesische Art zu verstehen. Was bei uns ein Schmunzeln auslöst. Wir sind ziemlich gelassen nach der langen Tour durch Skandinavien. Um 15 Uhr dürfen wir dann rauf, Horst weist uns einen Platz zu und schnackt noch kurz mit uns über alte Zeiten. Da unser Kühlschrank ein paar Tage zuvor ausgefallen ist, fallen unsere Einkäufe inzwischen eher dürftig aus, wir versorgen uns nur mit dem Nötigsten und schauen, dass wir die restliche Sachen kurz vor Ankunft oder am Morgen danach auf dem Campingplatz besorgen. Das Frühstück am Hochzeitsmorgen kaufen wir aufgrund der zu Ende gehenden Vorräte dann beim Frühstücksbäcker, der an Wochenenden auf dem Platz einen Stand aufbaut und frische Waren verkauft. Perfekter könnte es für uns gar nicht laufen.
Und dann machen wir etwas, was wir nicht mehr gemacht haben, seit wir auf Tour sind: wir machen uns schick, zumindest die Haare und Uli ein wenig Make-Up. Unsere Hochzeitsklamotten werden frisch aus Markgröningen geliefert von Ulis Eltern. Eineinhalb Stunden vor der Trauung sind wir die ersten, die das Rosarium in Uetersen erreichen. Auf dem Parkplatz warten wir auf unsere Kleider und treffen nach und nach auf Ulis Familie, Onkel, Tanten, Cousinen. Schön, mal wieder so viel Trubel zu haben. Bei für uns heißen 27 Grad werfen wir uns in Schale und lauschen der Traaung von Simon und Steffi in der Mitte der Hochzeitsinsel. Besser hätten die beiden das Wetter nicht treffen können.
Nach zahlreichen Fotos fahren wir in die Hochzeitslocation im Herzen Hamburgs, an der Kehr Wieder Spitze, direkt am Hafen unterhalb der Elbphilharmonie. Die Abendsonne wirft ein fantastisches Licht, das Leben im Hafen macht die Kulisse perfekt. Wir sitzen draußen und genießen diesen feierlichen Abschluss der Reise sehr. Den beiden auf diesem Wege auch nochmals alles Gute für die Zukunft!
Und das Beste an diesem Abend: wir haben keinen Stress bei der Suche nach einem Stellplatz. Wir haben den kürzesten Weg von allen ins Bett. Der Bulli steht direkt vor der Tür mit Blick ins Hafenbecken. Nach lustigen Unterhaltungen, schweißtreibendem Tanzen und ein paar Gläsern Wein und Bier klipsen wir einfach die Vorhänge zu und sagen „Gute Nacht“.
Am nächsten Morgen landen wir dann auf dem harten Boden der Realität. Es ist zu Ende. Vor uns stehen noch 600 Kilometer Fahrt, dann war es das. Drei Monate rum, einfach so zack, vorbei. Vollgepackt mit Erlebnissen und berauscht vom Hochzeitsfest kurven wir durch die abgesperrte Stadt (Hamburg Cyclassics) und durch den dichten Verkehr auf der Autobahn. Wir wollen die allerletzte Etappe erst am morgigen Tag fahren, dafür dann aber nur noch drei Stunden auf der Straße sein. Deshalb geht es an diesem Sonntag bis südlich von Kassel auf einen kleinen Bauernhof, auf dem Galloway Rinder und Pferde gemeinsam auf der Koppel stehen. Hier haben wir eine eigenes Bad inklusive Badewanne und die freundliche Familie führt uns über ihren Mehrgenerationenhof und erklärt uns den Hof sowie die baulichen Entwicklungen, die sie vorgenommen haben. Wirklich ein toller Abschluss auf diesem ruhigen Bauernhof.
Den Abend lassen wir bei einer nicht unbedingt preisverdächtigen Pizza ausklingen und sind froh, heute nicht spülen und abtrocknen zu müssen. Auch auf diesem Hof bringen uns die Betreiber frische Brötchen am Morgen und so geht es frisch gestärkt auf die letzten 300 Kilometer. Am 24.08.2015 heißt es dann schließlich wieder: Welcome Home!
Camping-/Stellplätze:
1. Tarup Strand Camping, Nyborg (245 DKK inkl. Strom & Dusche)
2. Naturcampingplatz Hellör, Brodersby (27,60 Euro inkl. Strom & Dusche)
3. Stellplatz Familie Sievers, Hanerau-Hademarschen (10 Euro inkl. Strom & Dusche)
4. Elbdeich Camping, Kollmar (18 Euro inkl. Strom & Dusche)
5. Kehr Wieder Spitze, Hamburg (0 Euro)
6. Stellplatz Aumühle, Oberaula (10 Euro inkl. Strom & Dusche)