Am späten Nachmittag machen wir uns von Malmefjorden auf zur Küste. Peter und Carola, die beiden Bremer, die wir vor ein paar Tagen getroffen haben, schwärmten von einem Platz am Meer, der von einem Schweizer geführt wird. Man fährt über den Atlanterhavsvegen und über die bekannte Storseisund-Brücke. Der Weg zum Campingplatz sei schwer zu finden, es gehe unübersichtlich an einer Baustelle vorbei. Wir merken uns den Weg jedoch nicht, da wir an einer anderen Stelle campieren wollen. Los geht es bis hin zur Küste über den beliebten Atlanterhavsvegen, vorbei an vereinzelten weißen Holzvillen und kleineren Häuschen im landestypischen Dunkelrot. An jeder Ecke finden sich Halteflächen um den Ausblick genießen zu können. Das nutzen wir und machen Mittagspause an einem schönen, aber recht zugigen Fleckchen. Die Schweizer neben uns machen Yoga auf einer Matte vor ihrem Bus. Wir kurven weiter, immer an der Küste entlang bis wir von Weitem die aufragende, gebogene Brücke erkennen. Direkt hinter der Brücke befindet sich ein moderner Metallsteg, der einmal um einen kleinen Berg herum führt und einen guten Blick auf das Meer und die Brücke bietet. Ein Denkmal zur Erinnerung an Alle, die auf See geblieben sind, bildet den Abschluss des kleinen Rundweges.
Wir halten Ausschau nach Schildern, die einen Campingplatz ausweisen und finden eines in Averøy. Wir biegen ab und folgen dem schmalen Weg, der an eine Berg-und-Talfahrt auf dem Rummelplatz erinnert. Nach einiger Zeit stoßen wir auf eine Baustelle und uns kommt die Vorahnung, dass es sich um den Campingplatz handeln könnte, den uns die Bremer empfohlen haben. Tatsächlich landen wir bei Daniel, dem Basler, der vor einigen Jahren ausgewandert ist und hier mit seiner norwegischen Frau und ihren drei Kindern wohnt. Daniel ist uns von Anfang an grundsympathisch und strahlt die Ruhe und Freundlichkeit aus, die ich in der Schweiz bereits häufig kennen gelernt habe. Seine Gastfreundschaft kommt zum Vorschein, als er uns einen Platz auf seiner völlig vom Regen durchgeweichten Wiese hinterm Privathaus anbietet. Die Wiese ist abgesperrt, aber er weist uns einen Stellplatz am Rand zu, den wir mit unserem ,,leichten“ Bulli besetzen dürfen. An anderen Stellen erkennt man hässliche, tiefe Furchen, die die schweren Caravans in die Erde gefräst haben. Hoffentlich wird das Wetter trockener und wärmer, so können sich Boden und Rasen wieder erholen.
Daniel zeigt uns, wo wir hinter den Gebäuden spazieren gehen können. Sein Grundstück liegt auf einer kleinen Insel, die man zu Fuß über Felsen umrunden kann. Es ist herrlich, so allein in der Natur zu sein und das Meer und den weiten Himmel in Ruhe zu betrachten.
Wir bleiben auch fast alleine auf unserem Stellplatz. Vor die Absperrung parken noch zwei andere Caravans. Die Miethütten, der Zeltplatz und der Kiesstellplatz sind angenehm räumlich entzerrt, was uns wirklich gut gefällt. In einem kleinen ursprünglichen Häuschen, der ,,Bure“, ist die Küche untergebracht sowie ein kleines, gemütliches Wohnzimmer. Die Decken sind so niedrig, dass man sich beim Eintreten bücken muss. Es riecht nach altem Holz und in den Räumen verteilt stehen antike Gegenstände der einheimischen Fischer. Es geht eine schmale Treppe hinauf unters Dach, wo momentan zwei Schlafzimmer in der Mache sind, die bald auch vermietet werden sollen. Alles im authentischen altertümlichen Fischerei-Stil.
Moderner sind da die Spüle, die beiden Backöfen und der Kühlschrank. Im Wohnzimmer gibt es sogar einen kleinen Fernseher und einen Heizofen, der die kleine Hütte im besagten kältesten aller Sommer erwärmt. Am nächsten Morgen möchte ich den Backofen nutzen um Bagels aufzubacken, der Ofen gibt aber keinen Mucks von sich. Auch das Licht geht nicht an, es muss wohl einen Stromausfall gegeben haben. Daniel eilt sofort herbei und löst das Problem umgehend. Dabei kommen wir ins Gespräch über das Leben in Norwegen und als Besitzer eines Campingplatzes. Ihm sei es wichtig, den persönlichen Kontakt mit den Gästen zu pflegen, da das ja schließlich das ist, an was man sich auch nach dem Urlaub noch erinnert. Stimmt hundertprozentig!
Um die Zeit an diesem schönen Platz noch ein wenig hinauszuzögern, sitzen wir bis zum Mittag des nächsten Tages auf den Stühlen auf der Holzveranda mit Blick aufs Meer hinaus und überlegen, wo wir als nächstes hinzuckeln könnten. Kristiansund scheint uns eine gute Idee zu sein. Eine Hafenstadt entlang unserer Route zum nördlichen Polarkreis. Eingepackt und losgefahren. In Bremsnes kann man innerhalb einer Stunde den Bremsneshatten besteigen und bekommt dafür eine Rundumsicht über Kristiansund an der Atlantiküste. Der Trail führt außerdem an einer Höhle vorbei, in der laut Forschern bereits vor 10.000 Jahren Menschen gehaust haben sollen. Die Höhle sieht von außen unspektakulär aus, von innen wohl auch, wie wir uns vorher informiert haben. Also sparen wir uns den Weg über die wackligen Gesteinsbrocken nur um in ein dunkles Loch zu starren. Der Weg nach oben ist wie so oft steil und steinig, aber recht zügig zu laufen und macht richtig Spaß. Der Anstieg und die folgende Aussicht lassen uns den Atem stocken. In alle Richtungen bietet sich ein Wahnsinns Ausblick. Kristiansund liegt wirklich schön, wir freuen uns schon darauf, die Stadt von innen zu sehen.
Am Ende der Tagesstrecke muss ein langer Tunnel unter dem Meer (steile zehn Prozent Steigung bei Ein- und Ausfahrt) gegen ein Entgelt passiert werden und schon ist man in der Stadt. Wir steuern auf einen Campingplatz am Rande der Stadt zu. Es wirkt alles ziemlich verlebt, aber wir finden noch einen guten Stellplatz, bevor die weiße Flut an Wohnwagen anrollt, die meistens am späten Nachmittag einen Platz belegen. Die Ludwigsburger neben uns, Julian und Birze, sind mit ihrem Kurzen Paul schon in der Stadt gewesen und meinten, es sei ,,ganz nett“. Man weiß ja, was das heißt… Die beiden versprechen uns, die Fenster im Bus zu schließen, falls es regnen sollt, und auf den Hund aufzupassen. Also begeben wir uns auf Stadttour. Entlang der Hauptstraße merken wir schnell, dass hier wohl nicht viel los ist. Am Hafen sitzen ein paar Leute in Kneipen und Bistros. Wir haben tierischen Hunger und würden zu gerne einmal bekocht werden, statt wie jeden Tag die Induktionsplatte aus dem Busüberbau zu wuchten. Leider finden wir so gar nichts ansprechendes. Ein wirklich hübsches Fischrestaurant ist das einzige, was nicht nach Imbissbude aussieht, uns aber einiges zu teuer. Dann also doch wieder selbstgekochte Nudeln.
Über die Werft eines Schiffmuseums laufen wir den Rückweg, als es plötzlich anfängt zu nieseln. Das Nieseln wird stärker und kommt jetzt waagerecht. Wohlfühlwetter sieht anders aus, aber stattdessen werden wir mit einem satten doppelten Regenbogen beschenkt. Der bleibt das Highlight in Kristiansund.
Wirklich lohnenswert war dieser Abstecher nicht. Unnötigerweise gibt es hier so viele Mücken wie bisher nirgendwo. Es ist aber sowieso zu ungemütlich um abends noch draußen zu sitzen. Gemütlich ist es dafür im Bus. Der bringt uns am nächsten Tag nach Trondheim. Da wird alles besser.
Campingplätze:
1. Lysø Camping, Averøy (250 NOK inkl. Strom, Dusche 10 NOK)
2. Atlanten Camping, Kristiansund (250 NOK inkl. Strom und Dusche)