Kurz vor 06.00 Uhr am Morgen quälen wir uns also aus den Federn und packen in Windeseile alles routiniert zusammen. Pünktlich um 06.50 Uhr stehen wir am Fähranleger. Genauso wie eine Handvoll anderer irrer Frühaufsteher. Ein in die Jahre gekommener Franke belagert uns sofort gemeinsam mit seinen beiden Hunden und stellt eine Frage nach der anderen. Eine große Hilfe über die Fährzeiten und -preise können wir leider nicht geben und so tauschen wir uns über die heftige und kurvenreiche Abfahrt nach Lysebotn aus. Den Vogel schießt der Franke ab, als er mit basslastiger Stimme raunt, dass er mit 22 km/h die Serpentinen runter gefahren sei und die Bremsen geglüht haben. „Im Notfall muss mrr sich aus dem Wohnwagen rrrollen und die Karrrre drr Abhang rrrunterrrollen lassen!“ Geniale Idee! Wir merken uns das für den absoluten Notfall und sind froh, als die Fähre mit Verspätung endlich von weitem zu sehen ist. Das Frühstück fällt aus.
Der Blick in den Fjord bei der frühen Morgensonne ist besonders schön. Philipp manövriert den Bulli geschickt auf die kleine Fähre. Außer uns haben noch sechs weitere Autos und ein Motorrad Platz. Ein weiteres muss leider auf die nächste Fähre warten, wann auch immer die einläuft. Zwischen dem heiligen Bulli mit dem glänzenden neuen Lack und den anderen Autos sind nur wenige Millimeter Platz, was den Puls des Besitzers leicht steigen lässt. Die Aussicht auf den Fjord vom Wasser aus lohnt sich dafür wirklich sehr und wir sind froh über Brigittes Tipp, diesen Weg einzuschlagen.
Nach einer halben Stunde Fährfahrt legen wir einige Kilometer weiter westlich am Fjordanfang an. Da der Tag noch jung ist, steuern wir direkt auf den Parkplatz des Preikestolen zu. Zwei Stunden Fußmarsch warten auf uns. Der Parkplatz füllt sich sekündlich. Der Wanderweg startet felsig und bald wird klar, warum im Reiseführer ausdrücklich zu gutem Schuhwerk geraten wird. Es geht über dicken Wurzeln durch Wald, über Holzstege durch Sumpf, über glitschige Steine durch Flussläufe, über große Felsbrocken und immer wieder muss man von Stein zu Stein hüpfen. Auch kleinere Seen in denen Mensch und Hund baden kann finden sich entlang des Weges. Der Weg ist ebenso anstrengend und anspruchsvoll wie abwechslungsreich. Wären weniger Menschenmassen unterwegs wäre dies wohl der perfekte Trail mit einer fetten Belohnung, die oben an der Bergspitze auf einen wartet: Der Preikestolen.
Wie bereits im anderen Artikel erwähnt ist dies ein besonderer und besonders beliebter Touristenmagnet. Groß und klein quälen sich für die fantastische Aussicht über Stock und Stein. Häufig muss in vollem Gang abgebremst werden, weil es sich an Engstellen knubbelt oder noch diskutiert wird, wie man unbeschadet zwischen den beiden Felsen hinunterklettert. Japaner mit Selfie-Stick machen Fotos von unserem schwimmenden Hund. Oben angekommen stören uns die Menschenmassen nicht mehr ganz so sehr. Wir sind verzaubert vom Blick in den Fjord und der faszinierenden Form des Preikestolen (auch Prekestolen, norwegisch für „Predigtstuhl“). Wir sind natürlich mutig und laufen auf der Plattform des Fels ganz nach vorne, bis nur noch eine Handbreit Platz zwischen uns und dem 604 Meter tiefen Abgrund ist. Der Blick fasziniert. Die Sonne knallt heute ganz gut vom Himmel und so machen wir uns nach kurzem Verweilen wieder auf den Rückweg. Der Weg bergab geht ziemlich in die Knie, die Sprünge von Stein zu Stein, die bergauf noch recht leichtfüßig waren, werden beschwerlicher. Es geht erneut hinab über Felsen, Treppen, Holzstege, Wurzeln, Wasserläufe und Steine. Eine kurze Rast am See tut uns gut und hier finden wir, etwas abseits der Piste, Bäume, die Schatten spenden. Da es aufgrund der fränkischen Unterhaltung am Morgen kein Frühstück gab, verputzen wir nun unsere Äpfel und die Powerbars, die neue Energieschübe versprechen. Neue Hundepower geben die zwei Apfelgehäuse, frisches Wasser gibt es aus dem Bach. Wie unglaublich gut es sich anfühlt wieder unseren Bus zu sehen! Wir sind herrlich geschafft und fühlen uns großartig nach dieser tollen Tour.
Der nahegelegen Campingplatz lacht uns allerdings so gar nicht an. Wir beschließen, ein Stück weiter zu fahren und einen weniger frequentierten Campingplatz zu suchen. In Hjelmeland ist ein Schild eines Campingplatzes angeschrieben. Wir setzen große Hoffnungen in den Platz, die Lage ist bestimmt super. Wie man sich doch manchmal täuscht…
Wir finden uns im Wohnzimmer der betagten Dame wieder, die auf dem Hof gemeinsam mit ihrem Mann lebt. Sie ist offensichtlich körperlich nicht mehr in der Lage, die Sanitäranlagen ausreichend zu pflegen. Sie wirkt sehr verwirrt und Philipp und ich tauschen immer wieder Blicke, ob wir hier wirklich für eine Nacht bleiben wollen. Die Bäuerin möchte 450 NOK, mehr als 50 Euro. Wir danken höflich und wollen uns davon machen. Auf dem Hof ruft sie uns nach, es seien nur 250 NOK. Den Rest des Tages werden wir durch die Fensterscheibe beobachtet und nach und nach von Wohnmobilen umzingelt. Der Hofhund bellt in regelmäßigen Abständen und die streunenden Katzen sitzen unter dem Bulli. Läuft bei uns.
Campingplatz:
Hjelmeland Camping, Hjelmelandsvagen (250 NOK inkl. Strom und Dusche)
Definitiv läufts bei euch! 🙂
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Sehr geiler Ort, muss ich irgendwann hoffentlich auch mal hin.
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Der Ausblick ist schon der Wahnsinn. Wir hatten auch mega Glück mit dem Wetter. Die Menschenmassen erstaunen einen dann aber schon 😉
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Super Wanderung, müssen wir auch machen, trotz Kniebeschwerden.
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